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Nachruf Robert Legras


Nachruf Robert Legras

Bargteheide trauert um Robert Legras

Die Stadt Bargteheide und der Europaverein trauern um Robert Legras, den Vorsitzenden des Déviller Spielmannszuges Réveil Dévillois, der in der vergangenen Woche seiner schweren Erkrankung erlegen ist. Auch aufgrund der vielen Auftritte als aktiver Musiker - zu Beginn noch gemeinsam mit dem Spielmannszug des TSV Bargteheide - und seinen privaten Besuchen bei seinen Bargteheider Gastgebern, war Robert eine bekannte und hoch geschätzte Persönlichkeit in Bargteheide. Für Bargteheides Partnerstadt Déville lès Rouen war er darüber hinaus noch als Stadtvertreter, Beigeordneter des Bürgermeisters und im Comité de Jumelage tätig. Am letzten Bargteheider Stadtfest hatte er noch mit dem Réveil Dévillois teilgenommen.

Andreas Bäuerle, ehemaliger Vorsitzender des Europavereins und langjährig Engagierter, zeigte sich tief getroffen von der Todesnachricht: "Mit Robert Legras verlieren wir einen langjährig Aktiven der Verschwisterung. Ich selbst verliere einen langjährigen Freund, den ich über 25 Jahre, seit den Begegnungen mit dem Bargteheider Spielmannzug kenne. Seitdem haben Robert und ich unzählige Austausche und Begegnungen sowohl in Déville als auch in Bargteheide, viele bei Stadtfesten, gemeinsam organisiert. Sein geistreicher Humor und seine Offenheit werden mir immer in Erinnerung bleiben."

Unser aller Anteilnahme und unser Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und seiner gesamten Familie. Wir werden Robert nicht vergessen!


(Foto: Europaverein Bargteheide)


Stadtzeitung Żmigród: Neues aus Bargteheide (3)


Hier ist die deutsche Übersetzung des letzten Artikels von Christof Leidner für die Stadtzeitung Żmigród.

Neues aus Bargteheide

Verehrte Damen und Herren, hier kommt der nächste Teil meiner Rubrik mit Schlaglichtern auf verschiedene größere und kleinere Ereignisse in Bargteheide, der deutschen Partnerstadt Żmigróds. Auf der Grundlage von Informationen aus der Lokalpresse und öffentlich zugänglichen Quellen möchte ich Ihnen laufend unser Leben, unsere Sorgen und Freuden hier in Bargteheide näherbringen. Und ich garantiere, dass ich das auf keinen Fall objektiv tun werde.

  • Im Zusammenhang mit der Corona-Situation habe ich eine außerordentlich schwierige Aufgabe, weil ich diesen Text vor den Weihnachtsfeiertagen einreichen musste und einem in diesen Zeiten das Wort im Munde veraltet. Allerdings bin ich kein Hellseher und kann darum nur so viel sagen, dass bis zum Erscheinen dieser Ausgabe der Żmigróder Nachrichten in unserem Landkreis drei Impfzentrum vorbereitet sein sollen. Und vielleicht werden sie schon arbeiten, wenn Ampullen, Spritzen und Impfstoff geliefert worden sind. Zu den ersten Impfkandidaten gehören Hochrisikopatienten, Mitarbeiter im Gesundheitswesen und der Öffentlichen Sicherheit, sowie Lehrer. Und alle anderen dürfen noch eine Weile intensiv darüber diskutieren, ob die Einschränkungen nicht ausreichend oder zu weit gehend sind.

  • In ganz Deutschland tun die Behörden alles dafür, um die Schulen auch während der Pandemie offen zu halten, was ihnen bis Anfang Dezember so halbwegs gelungen war. Dadurch kann ich über ein interessantes Projekt aus der Emil-Nolde-Grundschule berichten. Die Kinder bauen dort im Klassenzimmer in drei Hochbeeten Gemüse und Kräuter an. In kleinen Gruppen kümmern sie sich um die Pflanzen und beschäftigen sich parallel im Unterricht mit Biologie, Lebensmitteln und gesunder Ernährung. Und so haben sie die Ernteerträge bereits zu Pesto verarbeitet, das ihnen mit frischem Brot gut schmeckt. Das ist mal was anderes als Fastfood.

  • Ende Oktober ging der auch in Żmigród bekannte Eddi Buczkowski in Rente. Der aus Wałbrzych (ehemals Waldenburg) stammende Bargteheider gehört zu den beliebtesten Vertretern der Bargteheider Polonia. 35 Jahre lang war er Küster der evangelischen Kirchengemeinde und übte dabei die Rolle des Fahrers, Hausmeisters, Objektschützers, Unterhaltungskünstlers, Kirchenführers für Żmigróder Gäste und noch einige andere aus. Im Arbeitskittel machte er dabei eine genauso gute Figur wie im guten Anzug bei den Gottesdiensten. Er verkörpert schlicht den bekannten Satz: „Ein Pole kriegt‘s hin.“ Er wurde bei einem Gottesdienst verabschiedet, der wegen der Epidemie auf der Kircheninsel stattfand. Wir wünschen Eddi einen angenehmen und gesunden Ruhestand und freuen uns, dass wir bei künftigen Begegnungen weiterhin mit mindestens zwei seiner Begabungen rechnen dürfen: dem Akkordeonspiel und seiner guten Laune.

  • Die politischen Scharmützel zwischen Stadtvertretern und der Bürgermeisterin gehen weiter. Die Führungen dreier Parteien, die der Bürgermeisterin Kompetenzüberschreitungen und unterlassene Umsetzung von Beschlüssen der Stadtvertretung vorwerfen, trugen bei einer Pressekonferenz zahlreiche Beispiele dafür vor. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Vorwürfe geriet ihnen das Sündenregister so lang, dass sich die Zeitungen seines Inhaltes recht beliebig bedienten und die Leser nur mit Mühe verstanden, worum es im Kern überhaupt geht. Die Bürgermeisterin entgegnete trocken, sie habe lediglich unsinnige Beschlüsse in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht, was die Empörung der unzufriedenen Politiker nur noch steigerte. Sollen sie sich streiten. Das letzte Wort haben ohnehin die Wähler, denn eben sie werden in eineinhalb Jahren über das Schicksal der Bürgermeisterin und ein Jahr später über die Zusammensetzung der Stadtvertretung entscheiden. Und dann zählen Arbeitsergebnisse.

  • Davon, dass die deutschen Verbrechen im zweiten Weltkrieg bis ganz zum Schluss andauerten, zeugen die Todesmärsche, bei denen SS-Mannschaften die ausgemergelten Häftlinge aus Konzentrationslagern ins Nirgendwo trieben. Dabei wurden zahlreiche Menschen ermordet. Einer dieser Todesmärsche [im Original auf Deutsch – C.L.] führte aus dem Hamburger Lager Neu-engamme genau durch Bargteheide, wo die gequälten Menschen eine Nacht in einer Scheune in der Dorfmitte verbrachten. Zum 75. Jahrestags dieses traurigen Ereignisses hat eine Gruppe unterschiedlicher Aktivisten einen Audioguide entwickelt, mit dem sich der Verlauf der Route auf Bargteheider Gebiet nachvollziehen lässt. Die Aufnahme lässt sich mit einem QR-Code starten oder auf der Seite http://www.der-marsch.de finden. Die Auseinandersetzung mit der eigenen unrühmlichen Geschichte ist immer schmerzhaft. Dennoch ist das Bekenntnis zu den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte seit vielen Jahren ein unverbrüchlicher Teil der Identität Nachkriegsdeutschlands.

  • Tom Stellmacher ist ein Künstler, der in Bargteheide aufgewachsen ist. Er hat Kunst und Kommunikationsdesign studiert. Heute hat er sein Atelier in einem früheren Laden, wo er auch Jugendlichen Kunstunterricht gibt. Jüngst rief er die Bargteheider dazu auf, ihm ihre geheimsten Wünsche zu schicken, damit er sie erfüllt – wenigstens künstlerisch mit Buntstiften auf Zeichenkarton im Minaturformat (5x8cm). Die vergrößerten Kopien zieren jetzt die gläserne Front des Ateliers. Die Wünsche sind recht verschieden, sowohl konkret als auch abstrakt. Die Menschen können dann vergrößerte Farbkopien für 1 Euro das Stück erwerben oder das Original für eine freiwillige Spende. Als seriöser Journalist der Żmigróder Nachrichten musste ich mich von dieser Möglichkeit natürlich selbst überzeugen. Und tatsächlich entdeckte ich einige Tage nach-dem ich den Wunsch eingereicht hatte, das entsprechende Bild im Schaufenster.

Ausgewählt, bearbeitet und kommentiert von Christof Leidner


FSJ auf Naatsaku Talu

Anfang des Jahres 2020 wurde der Europaverein von Jacob Bilal Hatem kontaktiert. Er teilte uns mit, dass er ein internationales FSJ in Estland auf Naatsaku Talu machen möchte. Darüber hinaus fragte Jacob nach, ob der Europaverein das Vorhaben evtl. finanziell unterstützen könnte. Nachdem wir uns über Naatsaku Talu informiert hatten und begeistert waren, haben wir Jacob gerne gefördert. Allerdings unter der Bedingung, dass er uns in einer Art "Reisetagebuch" an seinem Leben in Estland teilhaben lässt. Wir sind gespannt.

Mehr zu Naatsaku Talu über folgenden Link: http://www.naatsaku.com/

Jacobs Reiseberichte

Teil 3: November - Dezember (Arbeit und Freizeit)


November - Dezember (Arbeit und Freizeit)

"Der Fluch des Tagebuchschreibens besteht darin, dass man ein Stück unersetzbarer Lebenszeit dafür opfert, ein Stück erlebter Zeit zu Papier zu bringen mit dem möglichen Gewinn einer klärenden Übersicht. Und der mögliche Leser unserer Tagebuchnotizen setzt wiederum ein Stück unersetzbarer Lebenszeit dabei zu, wenn er das von uns in Buchstaben Beerdigte aufnimmt. Zeitverschleiß also für beide. Für vielleicht mit dem Gewinn verbunden, Selbsterlebtes an der Zustandsschilderung des Schicksalsgefährten zu messen, vielleicht auch sich selbst darin zu entdecken." – Werner Helwig

Zu Anfang meiner Zeit in Estland, lernte ich jeden Tag neue Tätigkeiten. Die Tage waren voll, anstrengend und stets neu. Nach den ersten Wochen entwickelte ich dann langsam so etwas wie eine Routine. Arbeiten die stetig zu erledigen waren, gingen mir leichter und vor allem auch schneller von der Hand. Doch so überkam mich auch öfters eine leichte Vergesslichkeit, mit einem Hang zur Ungenauigkeit. Dies ist eine verständliche Entwicklung, denn zu Anfang musste ich mir immer wieder jeden Schritt der Arbeitshandlungen, der ich zu folgen hatte, ausmahlen. Nachdem ich dies aber etliche Male getan hatte, ergab sich eine eingeübte Abfolge. Dessen "stumpfe" Wiederholungen, ließen mich dann wiederum Dinge vergessen. Durch ein striktes Korrigieren, denn kleine Fehler können hier einen langen Rattenschwanz nach sich ziehen, wie ich es schnell merkte, festigte sich aber meine Alltagsroutine, zu einer wirklichen.

Beschrieben habe ich ja schon wie sich der Arbeitsalltag hier gliedert. Nun möchte ich aber genauer auf die unterschiedlichen Arbeiten eingehen. Vor allem arbeite ich viel mit Holz. Einerseits in dem Bereich der Forstwirtschaft, aber auch in der Werkstatt und auf dem Hackklotz. Aber der Reihe nach. Wenn "man" genau ist geht die Arbeit im Wald los.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Hier entasten wir vor allem Fichten. Da diese zum Verkauf, in Estland, am geeignetsten sind, gibt es um den Hof, ich würde ihn fast als eine Art Weiler bezeichnen, da soviel drum herum noch zu ihm gehört, was ich nun immer besser kennengelernt habe, immer wieder reine Fichten-Waldstücke. Die Baumstämme sind allerdings sehr verastet und so kriegt der Waldboden nur bedingt Licht. Ein zweiter Punkt spricht ebenfalls für das Entasten. Eben da die Fichtenstämme so verastet sind, hätten die Bohlen, zu denen sie z.B. weiterverarbeitet werden, nach dem Trocknen des Holzes, enorm viele Astlöcher. Wenn "man" aber früh genug den Stamm, bis ca. auf die halbe Höhe hochentastet was bedeutet, dass "man" mit Sägeblattern, die an verschieden langen Stielen stecken, die Äste rund um den Stamm herum absägt, ohne die Rinde zu verletzen, wächst die Rinde über die kleinen Aststümpfe bzw. die Stellen, an welchen das Holz offengelegt wurde, nach. Der Baum wächst also weiter und wenn er groß genug ist um gefällt zu werden ist der Ertrag gutes, nicht durchastetes Holz. Die Mühe machen wir uns natürlich nicht bei Bäumen die eh keine Überlebenschancen haben, weil z.B. ein Elch ihre Rinde schon zu stark beschädigt (abgefressen) hat, oder sie im Schatten eines größeren Baumes stehen, gegen den sie sich nicht durchsetzen können. Solche Bäume fällen wir. Diese verarbeiten wir dann entweder weiter zu Feuerholz, oder zu Zaunpfosten, die hier traditionell aus Fichtenholz gemacht werden. Wir arbeiteten auch oft am Weiderand, da der Wald, wenn nicht genau gearbeitet wird, immer mehr auf die Weidefläche wächst und sie so verkleinert. Hierbei fallen natürlich nicht nur Fichten an.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Gerade zur Zeit der Kolchose war dies der Fall bei estländischen Weideflächen, denn wenn keine*r sich verantwortlich gefühlt hat, für die Weide, wurde sie Jahr für Jahr kleiner. Die Arbeit ging dann auf dem Hof weiter, wo wir das zuvor auf Haufen gesammelte Holz mit dem Trecker hinfuhren. Hier sägten wir es mit der Motorsäge in passend lange Stücke, zerhackten es auf dem Hackklotz und stapelten es fein ordentlich weg.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Auch Zuhause haben wir einen Ofen und so habe ich schon öfters Holz aufgestapelt, doch hier ist es eine nicht vergleichbare Form der Genauigkeit die die Arbeit annimmt. Dies liegt auch daran, dass solche Stapel erst einmal für zwei Jahre lagern müssen, damit das frische Holz trocknen kann und in eben diesem Prozess bewegt sich ein Stapel doch ziemlich. So war dies unerwarteter Weiße zu Anfang sogar die Arbeit die mir am schwersten viel. Scheit für Scheit stapelte ich und glich zu Anfang sogar mit einer Leiste ab ob ich noch dem Anspruch gerecht wurde. Dies hört sich wahrscheinlich albern an, hätte es sich für mich zumindest, bevor ich es selbst gemacht habe. Es ist nicht einfach gleichzeitig darauf zu achten gerade zu stapeln in einer vertikalen, als auch horizontalen Achse und zudem müssen die Scheite leicht nach hinten hin abfallen, damit einem unter keinen Umständen die Scheite eines Tages entgegenfallen. Besonders begeistere ich mich auch für die Holzarbeiten in der Werkstatt. Hier fing ich mit einfachen Werkstücken an, wie das Reparieren von einem Besen und steigerte mich dann mit meinen Arbeiten. So machte ich zum Beispiel einen Stiel für eine Mistgabel, dessen Griff ich mit einer Zapfenverbindung befestigte, oder auch einen Beilstiel.

(Fotos: Jacob Bilal Hatem)

Bei letzterem war es besonders schwer symmetrisch zu arbeiten, da der Kopf genau mittig und ohne Neigung auf dem Stiel sitzen muss, damit die Kraftübertragung maximal und präzise, beim Hacken erfolgt. Auch repariere ich immer wieder kleine Dinge wie Futterschalen oder unterschiedliche Türen. Für solche Arbeiten muss natürlich auch immer wieder geeignetes Holz zurückgelegt werden. Besonders hartes, nicht durchastetetes Holz lagerten wir als Klötze ein, z.B. für Axt oder Beilstiele und von geeigneten Stämmen schälten wir die Rinde, sodass sie einmal Stiele, für zum Beispiel eine Mistgabel, werden können.

Auch gibt es immer wieder altes Holz, oder Holz was beim Fällen anfällt, welches nicht mehr genutzt werden kann. So sammelte sich mit der Zeit ein riesiger Feuerhaufen an, den ich zu meiner Freude im Dezember abbrennen lassen durfte. Das Feuer überragte mich und trieb mir beim Zusehen den Schweiß auf die Stirn, zusammen mit der Einsicht über seine kaum zähmbare Kraft und meiner Verantwortung ihr gegenüber. Immer wieder schaufelte ich die Holzreste vom Rand in die Mitte der Feuerstelle. Die Überreste glühten noch den ganzen Tag. In der Mittagspause legte ich noch etwas Holz nach und nach dem Kaffee und Kuchen, dann ist es mittlerweile ja schon dunkel, setzte ich mich noch ans Feuer und sang einige Pfadfinder*innen-Lieder.

Das bereits erwähnte Fahren mit dem Trecker viel mir zu Anfang sehr schwer, da ich noch jegliche Fahrerfahrung vor mir hatte. Doch nach einigem Üben kann ich nun einparken und meist "flüssig" anfahren.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Der Trecker ist ein alter Eicher. Und abgesehen vom praktischen, erarbeiten wir auch theoretisches Wissen, z.B. über Motor, Bremsen und Getriebe. Für den Umgang mit der Motorsäge musste ich mich auch theoretisch mit ihr beschäftigen. Auch hier war und ist das Arbeiten keine Leichtigkeit. Zu Anfang ging ich sehr zögerlich vor, denn Schnittschutzhose, die ich geflickt hatte, und Arbeitsschuhe können einem natürlich nicht eine Absicherung vor schwerwiegenden Fehlern garantieren. Doch mit mehr Übung wurde ich sicherer und erweiterte meine Aufgabenfelder, so kann ich mittlerweile nicht mehr nur mit der kleinen Motorsäge am Sägebock arbeiten sondern auch schon kleiner Bäume im Wald fällen und große Stämme auf dem Boden Kleinsägen. Dies ist besonders anspruchsvoll denn "man" muss viele Dinge gleichzeitig beachten. Einerseits das Sägeblatt, sodass "man" es weder in die Erde, noch in sein Fleisch fahren lässt, auch muss "man" beim Sägen die Normgröße für die Scheite einhalten, hier werden für verschiedene Öfen lange und kurze Scheite benötigt. Vor allem ist es aber wichtig gerade Schnitte zu machen, denn das Holz muss auf dem Hackklotz, zum Holzhacken, frei stehen können. Außerdem ist für den Gebrauch der Motorsäge natürlich noch wichtig zu wissen wie "man" das Benzin richtig an mischt, das Sägeblatt schleift und richtig einstellt und auch das Starten musste ich überhaupt erst einmal üben.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Mit dem Trecker transportieren wir vor allem Dinge wie die beschriebenen Stämme, aber auch Heu, abgemähte Gräser, oder Sand. Das abgemähte Gras entsteht bei der Arbeit mit dem Freischneider. Ebenfalls eine Arbeit die ich gerne und oft mache. Hier schnitt ich vor allem die Ränder der Weideflächen frei. Ich sense dann alles ab was für die Motorsäge zu klein ist. Dies ist vor allem dazu da, dass die Weideflächen im nächsten Jahr wieder gut aufgrünen können und nicht unter alten verrotteten Gräsern und kleinen Ästen daran gehindert werden. Auch arbeitete ich den Rand einer Kuhweide nach, sodass der Zaun für die Kühe besser zu erkennen ist, sprich wirksamer.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Den Sand holten wir aus einer großen Grube vom Waldrand und siebten ihn anschließend, sodass keine Biomasse mehr in ihm vorzufinden war, wie beispielsweise Wurzeln. Im "reinen" Sand lagerten wir dann Karotten und Rote Beete ein und brachten sie in den Keller.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Wir haben nämlich auch den Acker weitestgehend abgeerntet. Sprich: Kartoffeln, Kohlrabi, Karotten, Rote Beete, Lauch, Zwiebeln, Kürbis, Zucchini, Steckrüben, Pastinaken, Sonnenblumen, Salat und aus dem Gewächshaus Tomaten, Paprika und Spinat.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Wir pflückten auch Beeren wie zum Beispiel Sanddorn. Bestimmt habe ich noch etwas vergessen in dieser Aufzählung. Besonders die Kartoffelernte war eine langwährende Aktion. Viele Arbeitseinheiten verbrachte ich, meist mit Hilfe, hierfür auf dem Acker. Zuerst wurden die Reihen grob von dem Unkraut befreit, vor allem von Franzosenkraut und dann setzte sich einer breitbeinig über die Kartoffelreihe und folgte kniend dem/der anderen der/die sich rückwärts bewegend die Erde mit einem Spaten auflockerte, sodass drahtige Wurzeln und Kartoffeln zum Vorschein kamen, die die hockende Person in getrennte Kisten sortierte. Wir ernteten Kartoffeln in vielen Farben und Sorten, die anschließend für unterschiedliche Zwecke sortiert und eingelagert wurden. Gerade unter der Kartoffelernte litten meine Hände sehr. Doch es fühlte sich sehr gut an in der Erde zu wühlen und so waren die verfärbten, rissig rauen Hände nur ein weiterer Beweis für das Leben auf dem Bäuerinnenhof.

Eine besonders tolle und aufwändige Aktion war die Apfelernte. Von sämtlichen Bäumen pflückten wir die reifen Äpfel, mit Geräten die wie lange Kescher fungieren deren Netzränder mit Metall verstärkt sind, sodass wir die Äpfel gut von den Stielen lösen konnten.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Ab und zu mussten wir trotzdem auch mal auf die Bäume klettern, die interessanter Weise zur Familie der Rosengewächse gehören. Wenn "man" genauer hinsieht kann "man" auch Dornen an den Ästen entdecken. Die gepflückten Äpfel, ohne Ditschstellen, lagerten wir im kalten Keller ein und aus den heruntergefallenen machten wir Apfelsaft. Hierzu wuschen wir viele Flaschen aus und sortierten die sehr gammeligen Äpfel aus, oder schnitten die schlechten Stellen heraus. Dann ging es ans Pressen und anschließend ans Erhitzen vom Saft. Der wurde dann in Flaschen und Gläser abgefüllt. Etwas mehr als 100 Liter kamen so zusammen, worüber wir uns sehr freuten, denn insgesamt war die Ernte eher schlecht ausgefallen. Der frische Saft schmeckte herrlich und es fühlte sich toll an so ein ganz eigenes Produkt hergestellt zu haben. Auch die Tiere freuten sich über die Ausgepressten Überreste.

Ansonsten gibt es natürlich noch jede Menge kleinere Arbeiten. Zum Beispiel machte ich einige Fahrräder wieder fit, die wir nun auch hier benutzen können, ich lernte auch das Wechseln von Autoreifen, und es mussten einige Büsche um- und eingepflanzt werden, zum Beispiel Aroniasträuche.

Samstag, wenn wir nur bis um 10:30 Uhr arbeiten ist immer Putztag, dann wird alles wieder für die kommende Woche reine gemacht, bei den Tieren und den Menschen. Ich putze meistens Küche, Flur, Aufenthaltsraum und das Computerzimmer.

All diese, einem meist Anstrengungen abverlangenden und draußen stattfindenden Arbeiten veranlassen bei mir meist eine Trägheit am Sonntag, doch auch diese kann ich dann vollends auskosten. Samstags haben Nadja und ich oft noch "Programm", so hatten wir zum Beispiel alle zwei Wochen Estnisch-Unterricht in Viljandi, der nächst größeren Stadt, oder besuchten bereits zwei mal einen Töpfer*innen-Kurs. Auch hierzu nahm uns unsere Estnischlehrerin mit, die früher Deutsch in estnischen Schulen unterrichtet hatte. Mittlerweile werden hierzulande wohl nicht mehr viele Deutschlehrer*innen gebraucht und so ist sie nun im sozialen Bereich tätig, da ihr aber der Sprachunterricht solche Freude bereitet, bringt sie immer wieder deutschen FSJler*innen die estnische Sprache näher. So auch uns. Mir war es besonders wichtig einen Eindruck dieser so fremdartig klingenden Sprache, in meinen Ohren etwas spielerisch, wie wenn sich Zwerge und Trolle im moosbewachsenen und verschneiten Wald unterhalten, zu bekommen. Denn auch wenn ich bei der Arbeit keinen wirklichen Gebrauch von ihr machen kann, möchte ich nicht eine so lange Zeit in Estland verbracht haben ohne einen, wenigstens kleinen Zugang zur Sprache bekommen zu haben. Unsere Lehrerin vermittelte uns auch den Kontakt zu Felix und Nis, zwei FÖJ’ler aus Deutschland, die sich hier in einem Nationalpark engagieren. Mit ihnen verbrachten wir bereits viel Zeit. Unter der Woche sind wir meist zu geschafft um noch etwas Größeres, wie eine Verabredung mit ihnen, zu unternehmen, und auch ist die Zeit dafür nicht da. Doch am Wochenende, also Samstag nach der Arbeit, konnten wir sie schon zweimal im Nationalpark besuchen. Dann übernahm Markus unsere Tierdienste für den Samstagabend und Sonntagmorgen und wir konnten bei ihnen übernachten. Auch sie besuchten uns ein paar mal und wir machten z.B. einen Saunaabend. Am Morgen halfen sie sogar schon bei diversen Arbeiten mit. Die Freizeitgestaltung, wie auch die Arbeit, hat sich mit dem Jahreszeitenwechsel aber auch geändert, worauf ich im folgenden Bericht noch genauer eingehen werde.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

So haben Felix Nis und ich, als ich sie das erste mal Ende September besuchte, noch freihimmel im Nationalpark übernachtet und gegrillt. Nun treffen wir uns eher um zusammen gemütlich zu Kochen und einen Film anzuschauen. Auch konnte ich im September nachmittags nach der Arbeit sogar noch einmal im See schwimmen, nun lese ich viel vor dem Kamin. Insgesamt nehme ich mir sehr viel Zeit um in Ruhe Dinge für mich zu tun, für die ich mir in Deutschland zu selten die Zeit nahm; Malen, Gitarre üben, Spazieren gehen. Mit Nadja mache ich auch immer wieder Sachen selber, wie z.B. Apfelringe oder Hagebuttentee, wir machen aber auch gerne Dinge draußen, wir haben z.B. Fossilen gesammelt oder lange Spaziergänge gemacht. Abends gucken Nadja und ich gerne Filme, oft Klassiker bei denen ich mir schon lange vorgenommen habe sie zu schauen. Immer wieder Jim Jarmusch Filme, die ruhigen, auf den Moment und das wesentliche fokussierten Einstellungen der Szenen passen besonders gut in unsere derzeitige Lebensrealität. Auch ist es verrückt wie Filme mich hier, im Gegensatz zu Zuhause, packen und oft noch mehrere Tage gedanklich begleiten. Wenn um einen herum sonst alles mit so wenig Ablenkung vor sich geht, ist das Schauen eines Filmes wie das sich Katapultieren in eine andere Welt, aus der ich erst langsam wieder auftauchen muss.

Gerne spielen wir auch Gesellschaftsspiele und seit der Adventszeit singen wir auch regelmäßig Weihnachtslieder mit den Nachbarskindern und Klavierbegleitung von Nora, oder mit Gitarrenspiel von Markus. Die Weihnachtszeit ist mit Schnee, Keksen und Adventskränzen auch in Estland eingeläutet worden. Ende Dezember habe ich mich dann mit dem Bus und vielen Hofprodukten, wie z.B. Kartoffeln, Apfelsaft und selbstgebackenem Brot, auf den Weg nach Deutschland gemacht, wo ich im kleinen Familienkreis dann sehr schöne Weihnachten verbrachte. Im kommenden Jahr und Bericht werde ich dann einige Themen die ich hier anklingen lassen habe, wie z.B. das selber machen von Produkten, das Kochen und die Folgen des Winters beschreiben. Vor allem möchte ich aber auch auf das nachhaltige Leben, was wir auf Naatsaku führen, eingehen und was ich daraus und aus der in diesem Bericht beschriebenen Arbeit lerne.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

*Ich habe versucht, in diesem Text keine sexistischen Ausdrücke zu wählen und auf eine geschlechtergerechte Sprache aufmerksam zu machen, die keine stereotypischen Rollenbilder reproduziert.


Infobrief 3 - Dezember 2020


Europaverein Bargteheide e.V. • Rathausstraße 24-26 • 22941 Bargteheide


Tremsbüttel, im November 2020

2. I n f o b r i e f

Liebe Mitglieder und Freunde des Europavereins,

"Wir sehen, dass der Europaverein durchaus positiv wahrgenommen wird, wir haben neue Mitglieder gewinnen können und auch Mitstreiter, die uns bei unseren Projekten tatkräftig unterstützen. So können wir optimistisch in unser 2. Amtsjahr gehen."

So endete unser letzter Infobrief. Der Optimismus war etwas verfrüht, denn einige Tage später durchkreuzte Corona alle für dieses Jahr geplanten Veranstaltungen. Statt der geplanten persönlichen Begegnungen blieb uns nur der Kontakt über die sozialen Medien; wir verschickten Grußbotschaften an unsere Freunde in Frankreich und Polen, die dazu dienen sollten, uns gemeinsam über Maßnahmen und Entwicklung in unseren Ländern auszutauschen, und in denen wir mit Fotocollagen den Freunden einen Eindruck von unserer ganz persönlichen Situation vermitteln wollten (die Grußbotschaften in Bild und Text finden Sie auf unserer Homepage). Dennoch liefen die Arbeit im Vorstand und die Zusammenarbeit mit der VHS auch in diesem Jahr weiter. Alina Carstens, die im letzten Jahr im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres bei der VHS für uns zuständig war, hat mittlerweile ihre Tätigkeit beendet. An dieser Stelle möchten wir Alina für ihre tatkräftige Unterstützung sehr herzlich danken und wir wünschen alles Gute für ihren weiteren Weg. Gleichzeitig begrüßen wir sehr herzlich ihre Nachfolgerin Alyona Krause, die uns in den letzten Wochen schon fleißig geholfen hat.

Ein weiterer FSJ’ler, der mit uns zusammenarbeitet, ist Jacob Hatem. Er verbringt dieses Jahr in Estland und informiert auf unserer Homepage von Zeit zu Zeit über seine Erfahrungen dort.

Während im Sommer noch persönliche Treffen im Garten oder auf der Terrasse möglich waren, sind wir jetzt dazu übergegangen, uns digital über Zoom zu verständigen. Das funktioniert so problemlos, dass wir uns jetzt auch über dieses Medium mit den Partnerstädten in Frankreich und Polen austauschen werden. Unsere erste Videokonferenz mit Zmigród ist für Dezember geplant. Unsere Vorstellungen gehen dahin, dass bei zukünftigen Treffen auch interessierte Mitglieder des Europavereins teilnehmen können. Über erste Erfahrungen werden wir im nächsten Infobrief berichten.

Corona hat uns nicht davon abgehalten, unsere Planungen für das Jahr 2021 voranzubringen. Ein Highlight wird eine einwöchige Studienreise im April nach Polen sein. Sie wurde ausgearbeitet von dem Ehepaar Vacek und individuell auf die Interessen der Mitglieder des Europavereins zugeschnitten. Alle Informationen zu dieser Reise finden Sie auf unserer Webseite.

Als weitere Termine stehen bereits die Fahrt nach Déville vom 18.bis 21. Juni 2021 sowie der Besuch aus Zmigród vom 17. bis 19. September 2021 fest.

Da in diesem Jahr keine Mitgliederversammlung stattfinden konnte, haben wir wesentliche Informationen über das Jahr 2019 in einem Geschäftsbericht zusammengefasst. Dieser Bericht wird Ihnen in den nächsten Tagen per Post zugestellt.

Wir bedauern sehr, dass kaum Austausch zwischen den Mitgliedern des Europavereins in diesem Jahr stattfinden konnte. Von daher haben wir uns gedacht, wir schreiben Ihnen, wie es uns in diesem Jahr ergangen ist.

Martina Vollrath

Wenn ich irgendwann auf das Jahr 2020 zurücksehen werde, wird es für mich tatsächlich nicht in erster Linie das Jahr sein, das durch Corona geprägt wurde, sondern das Jahr, in dem ich meinem Leben noch einmal eine ganz neue Wendung geben konnte.
So war der Beginn des Jahres noch geprägt durch die Unterstützung für meinen Mann, der sich im vorherigen Jahr einen schweren Trümmerbruch in einem Bein zugezogen hatte. Alle Autofahrten zur Physiotherapie, zu Arztbesuchen und Einkäufen standen jetzt auf meinem Zettel und viele Arbeiten im und am Haus, die ich nun allein bewerkstelligen musste.
Auch die Gassirunden mit unserem Hund waren nun allein meine Aufgabe und gaben mir viel Zeit, über mein Leben nachzudenken. Ob ich wohl mit Mitte 50 und nach 20 Jahren „raus aus dem Beruf“ noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätte? Ich habe es einfach versucht, eine Initiativbewerbung geschrieben, und es hat geklappt. Seit Juli arbeite ich als Teilzeitkraft wieder im Büro.

Natürlich würde ich auch meine Freunde und meine Familie gern häufiger treffen, vermisse Gruppentreffen und Kultur, aber über die neuen Medien sind die Kontaktmöglichkeiten so viel besser geworden. Neulich haben wir unsere Freunde zu einem Glas Wein und Knabberkram über Zoom getroffen. Es war tatsächlich ein lustiger, ein kommunikativer Abend.

Corona ist für mich ein Ärgernis, aber wirklich wichtig in meinem Leben sind andere Dinge. Natürlich habe auch ich Ängste, aber ich lasse es nicht zu, dass sie über mein Leben bestimmen.
Und letztendlich ist doch das Wichtigste, dass wir gesund diese Zeit überstehen und das Beste aus der Situation machen!!!

Bleiben Sie gesund und zuversichtlich


Angelika Lemsky

Wie ich Corona erlebe:

Ich empfinde die Pandemie als einschneidendes Ereignis und bin fast versucht, die Zeit in vor und nach Corona einzuteilen.
Persönlich bedaure ich den Verlust der Unbeschwertheit. Familienfeiern und Treffen mit Freunden sind schwierig bzw. unmöglich geworden. Dazu kommt die Sorge um die Gesundheit meiner älteren Angehörigen. Ich bin mir aber bewusst, dass ich nur mit geringen Einschränkungen leben muss verglichen mit den Problemen der Erkrankten und der betroffenen Wirtschaftszweige.
Meine größte Hoffnung ist, dass bald ein wirksamer Impfstoff entwickelt werden kann.


Annika Lenz

Was für ein Jahr… ich glaube, das denken wir uns alle. Aber ich möchte nicht erzählen, welche meiner Pläne gecancelt wurden, wie viele Verabredungen abgesagt wurden oder wie viele Stunden ich nichts tuend Zuhause verbracht habe. Wir haben in den letzten Wochen genügend deprimierende Nachrichten bekommen, dass ich finde, wir sollten uns auf die schönen Dinge konzentrieren und dankbar sein, für das was wir haben. Ganz überraschend konnte ich mir dieses Jahr den Traum meiner ersten eigenen Wohnung erfüllen, was definitiv ein großer Schritt für mich war. Wenn auch auf anderen Wegen, habe ich tolle neue Menschen kennengelernt und neue Arten der Kommunikation für mich entdeckt. Denn auch in Zeiten des Social Distance sind vor allem soziale Kontakte sehr wichtig gewesen für mich. Mein Studium lief online weiter und mein Praktikum konnte ich auch antreten und rücke meinem Ziel Lehrerin zu werden ein Stück näher. Ich habe die Zeit auch genossen, ich habe viel gelesen, Sport gemacht und habe neue Orte entdeckt, die zwar immer in meiner Nähe waren, die ich aber sonst nie wahrgenommen habe. Kreativität ist wohl mein Stichwort und Methode Nummer 1 dieses Jahr.

Und vor allem bin ich dankbar dafür, dass meine Familie und meine Freunde gesund sind. Gesundheit ist in diesem Jahr das Wichtigste, physisch so wie psychisch. Ich glaube fest daran, dass diese Krise überstanden werden kann und bis dahin sollten wir die Zeit so gut wie möglich nutzen und uns die schönen Dinge des Lebens in den Fokus rufen. Was hat dich in heute glücklich gemacht? Was war dein schönstes Erlebnis dieses Jahr? Und wofür bist du dankbar?


Liebe Mitglieder,
nun ist es fast ein Jahr her, Silvester 2019/20. Ich habe die Jahreswende auf meiner Lieblingsinsel Hiddensee verbracht, an die schönen Zeiten gedacht, die ich dort mit meinem verstorbenen Mann verbracht habe, und ein weiteres Mal Pläne für ein Jahr ausgefülltes Leben allein gemacht.
Diese Pläne, das sind vor allem Reisen, die Zeit dafür nutzen, solange ich gesundheitlich noch dazu in der Lage bin. Und trotz Corona habe ich mir einige Wünsche erfüllen können, eine Reise nach Lissabon gemeinsam mit meiner Tochter- die etwas abenteuerlich endete, wir kamen gerade noch rechtzeitig vor dem Lock down zurück. Eine schöne Woche auf Föhr gemeinsam mit meinem Sohn und seiner Freundin, ein Wanderurlaub in Österreich gemeinsam mit einer Freundin, eine Woche auf Hiddensee und ein paar Tage in Schleswig. – alles schöne Unternehmungen, allein oder mit lieben Leuten. Nur die Reise nach La Réunion – ein lang gehegter Traum – habe ich auf das nächste Jahr verschieben müssen.

Und ich habe endlich einmal Zeit gehabt, mich ausgiebig um meinen Garten zu kümmern, diesen zu genießen. Das schöne Wetter bot zudem auch die Gelegenheit, hier Freunde zu treffen, zu klönen, gemeinsam zu essen oder auch nur ein Glas Wein zu trinken.

2020 – ich kann mich über dieses Jahr nicht beschweren, auch wenn viele Aktivitäten, die mein Leben in den letzten 4 Jahren bereichert, ausgemacht haben, weggefallen sind.
Aber, zu sehen, wie es vielen anderen in dieser Zeit ging und geht, Menschen in Altenheimen, die an dem Virus erkrankten und starben, alte Menschen, die ihre Kinder über Wochen nicht sehen konnten und z.T. auch noch nicht können, Eltern, die hoffnungslos überfordert waren mit dem Homeoffice und gleichzeitiger Betreuung der Kinder, und die Ärzt*innen und Pfleger*innen in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen – das nimmt dem Leben die Leichtigkeit, macht nachdenklich.

Unseren Politiker*innen haben wir zu danken, dass sie uns bisher so gut durch die Krise geführt haben – und uns selbst, die wir darauf bedacht sind, andere und uns selbst zu schützen – zumindest der größte Teil von uns. Wir sehen jeden Tag, wie katastrophal es in anderen Ländern aussieht.
Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Impfstoffe sind entwickelt worden, die vielleicht schon Anfang des nächsten Jahres verteilt werden können. Wir haben ein Dreivierteljahr durchgehalten, wir werden es die letzten Monate auch schaffen. Machen wir uns die Adventszeit schön, genießen wir auch einmal die Ruhe und kümmern wir uns um Menschen, die allein und einsam sind. Das kann eine erfüllte Weihnachtszeit sein. Und hoffen wir, dass alles gut wird.

Ihre
Hannelore Walther


Liebe Mitglieder,
das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu und ich glaube jeder hofft mit dem Jahreswechsel auch das Covid hinter sich lassen zu können. Die ersten Impfstoffe werden erfolgreich getestet.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den 11.03. an dem unser Chef uns alle bat, unsere Sachen zu packen und unseres technisches Equipment auch mitzunehmen… seit dem arbeite ich im Homeoffice. Die Erkenntnis , die auch daraus gezogen habe, ist, dass man sozial sehr einsam im Homeoffice ist, ein Videotelefonat kann das soziale Miteinander in der Firma, sei es dass man die Mittagspause mit Kollegen macht, als auch den fachlichen Austausch in der Gruppe nicht ersetzen.
In den Osterferien wollten wir als Familie nach Mexico fliegen, um uns die Ländereien anzuschauen, wo unsere großen Töchter jeweils Ihr Auslandsjahr verbracht haben und auch die Gastfamilien kennenzulernen, die unsere Kinder in dieser Zeit aufgenommen haben. Leider konnten wir diese Reise nicht antreten, sehr schade, da wir vermutlich diese Chance als Familie in naher Zukunft (Ausbildung/Studium) die Reise nachzuholen nicht mehr haben werden.
Dafür konnten wir im Sommerurlaub zwei Unterkünfte in Italien finden, bei denen ein vernünftiger Abstand gewährleistet war. So verbrachten wir wunderbare Tage in Südtirol auf einer Alm und in der Toskana haben wir ein kleines Ferienhaus in einem Weinberg gefunden. Die Anreise mit dem PKW war unerwartet angenehm, es war so wenig Verkehr, wie ich ihn zuletzt in meiner Kindheit erlebt habe. Eine Reise in die Toskana hin und zurück ohne jeglichen Stau auf der Strecke.. eine der wenigen positiven Begleiterscheinungen von Corona.

Zwischenzeitlich durfte man mal wieder sporadisch ins Büro, natürlich auf Abstand, welch eine Wohltat.
Es hat in diesen Monaten auch sehr viel Spaß gemacht, unser Haus auf Vordermann zu bringen, 22 Jahre nach dem Einzug haben wir vieles erneuert, unglaublich so lange leben wir jetzt schon in Bargteheide und fühlen uns `pudelwohl`… welch eine schöne Kleinstadt im Herzen von Stormarn. Die Erkundung des Landkreises macht uns mit dem E-Bike richtig Laune. Es gibt immer wieder beschauliche Orte, die man vermutlich mit dem Auto gar nicht gesehen/erlebt hätte. Es ist doch schön festzustellen, zu Hause haben wir es doch wunderschön.

Nun steht so langsam das Weihnachtsfest vor der Tür, da gilt es zu hoffen, dass wir Alle das Fest im Kreise unserer Lieben genießen können.
Nun habt/haben Ihr/Sie einen Einblick davon erhalten, wie ich persönlich mit meiner Familie das Jahr erlebt habe….daher würde es mich auch sehr freuen, von Euch/Ihnen zu erfahren, wie Ihr/Sie das Jahr erlebt habt/haben.

In diesem Sinne wünsche ich Euch/Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Dabei bleibt bitte alle gesund und munter.

Herzlichst Euer/Ihr Dirk Bodensiek



Und wir würden uns freuen, auch von Ihnen Rückmeldungen zu bekommen. Diese könnten, wenn Sie damit einverstanden sind, auch auf unserer Homepage veröffentlicht werden.
Wir wünschen Ihnen allen eine besinnliche Adventszeit, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2021. Und bleiben Sie gesund.

Im Namen des Vorstands
Ihre
Martina Vollrath und Hanne Walther


Tätigkeitsbericht - November 2020


Europaverein Bargteheide e.V. • Rathausstraße 24-26 • 22941 Bargteheide


Bargteheide, den 17.November 2020

Liebes Mitglied des Europavereins,

wegen der Ausbreitung des Covid-19 Virus seit März dieses Jahres haben wir uns, auch auf Empfehlung unserer Landesregierung sowie der Kreis- und Stadtverwaltung, entschieden, keine Mitgliederversammlung abzuhalten, sondern Sie/Euch mit einem Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr 2019 zu informieren.

Tätigkeitsbericht seit 2019:

  • 17. – 19. Mai 2019: Anlässlich des Bargteheider Stadtfestes Besuch der Musikgruppe Réveil Dévillois und der Band No Idea aus Frankreich sowie der „City Band“ aus Zmigród . Auftritt der Musiker auf dem Stadtfest, Rahmenprogramm durch EVB

  • 14. – 17. Juni 2019: Jubiläumsfeierlichkeiten in Déville anlässlich der 50jährigen Städtepartnerschaft. Besuch unserer Partnerstadt mit ca. 35 Personen. Großes Rahmenprogramm, u.a. Besuch der Armada in Rouen; als Gastgeschenk wurde dem Comité de Jumelage ein Aquarell der Bargteheider Künstlerin Brigitte Schwerin überreicht, eine Collage aus Bargteheider Motiven. Der Europaverein hat die Rechte an diesem Bild erworben und Postkarten drucken lassen. Diese können in der Bargteheider Buchhandlung gegen eine Spende erworben werden.

  • 20. – 22. September 2019: Reise einer Delegation aus Bargteheide in unsere Partnerstadt Zmigród: Programm: u.a. ein Tagesausflug mit dem Besuch mehrerer Betriebe zur Herstellung und Vermarktung von Lebensmitteln, eine Kutschfahrt und ein Festessen.

  • 03. – 07. Oktober 2019: Empfang unserer französischen Freunde zu den Feierlichkeiten des 50jährigen Partnerschaftsjubiläums in Bargteheide: offizieller Festakt im Ganztagszentrum mit geladenen Gästen und Baumpflanzung im Stadtpark; Abendprogramm in der Rolfshagener Kupfermühle, Ausflug nach Molfsee und an die Förde nach Laboe.

  • 28. November 2019: Bildershow im Stadthaus in Kooperation mit der VHS: Martin Franz, Das Tal der oberen Narew und seiner Dörfer (Polen).

  • Webseite: die Webseite wurde im Laufe des Jahres von Andreas Vollrath neu gestaltet und aktualisiert. Dort finden Sie/findet Ihr auch Berichte eines jungen Bargteheiders, der sein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Einrichtung in Estland absolviert und vom EV unterstützt wird. Zudem werden dort aktuelle Artikel zum Thema deutsch-polnisch-französische Beziehungen sowie zum Bargteheider Stadtleben verlinkt.

  • Die gesamte Planung der Veranstaltungen für das Jahr 2020 wurde auf das Jahr 2021 verschoben. Um nicht den Kontakt zu unseren Partnerstädten zu verlieren, haben wir u.a. Grußbotschaften versandt (siehe Webseite EV).

  • Zudem werden wir am 1. Dezember 2020 eine Videokonferenz mit unseren polnischen Freunden abhalten.

  • Mit dem Ehepaar Vacek haben wir für April 2021 die Planung einer Polenreise für Mitglieder und Freunde des EV abgeschlossen. Nähere Informationen erhalten Sie /erhaltet Ihr in dem nächsten Infobrief bzw. auf der Webseite.

  • Des Weiteren sind Überlegungen im Gange, wie die Kommunikation innerhalb der Mitglieder des EV intensiviert werden kann.

  • Auch planen wir, u.a. gemeinsam mit der VHS, aber auch mit anderen Partnerstädten in Schleswig -Holstein, Kulturprogramme auszuarbeiten, um unsere Mitglieder, Freunde und Außenstehende über die Kultur der jeweiligen Länder zu informieren und so das Interesse an diesen Partnerschaften zu vergrößern bzw. zu wecken.

Das Geschäftsjahr 2019 war bedingt durch das Jubiläum sehr kostenintensiv; durch Zuschüsse sowie Rücklagen konnten die zusätzlichen Kosten jedoch problemlos aufgefangen werden. Die geprüften Kassenberichte der Jahre 2019 und 2018 finden Sie/findet Ihr in der Anlage.

Bei den Mitgliederzahlen hatten wir im Geschäftsjahr 6 Eintritte sowie 2 Austritte zu verzeichnen, insgesamt haben wir aktuell 91 Mitglieder im Verein.

Über Rückmeldungen, seien es Fragen, Anregungen etc., freuen wir uns immer. Zu erreichen sind wir unter der Email-Adresse:
https://www.europaverein-bargteheide.de.

Mögen Sie/mögt Ihr alle heil und unbeschadet durch diese schwierige Zeit kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Europaverein Bargteheide e.V.
Der Vorstand

Anlage
Kassenbericht mit Vorjahresvergleich 2018/2019



Studienreise Südpolen 2021


Willkommen in Polen - Den Europäischen Nachbarn entdecken

Studienreise nach Südpolen vom 17.10.-24.10.2021

Die gemeinsame Veranstaltungsreihe "Willkommen in Polen - Den Europäischen Nachbarn entdecken" wurde zwischen Europaverein und VHS im Jahr 2019 ins Leben gerufen. Im Frühjahr 2021 organisiert nun der Europaverein e.V. Bargteheide vom 17.10.-24.10.2021 eine Busreise nach Südpolen. Die Route führt ins Riesengebirge, Schweidnitz, Kreisau, Krakau, HoheTatra, Breslau und endet mit kurzen Besuch in unserer Partnerstadt Żmigród. Es wird eine Deutschsprachige Reiseleitung von / bis Bargteheide geben.

Detaillierte Informationen und die Anmeldemodalitäten finden Sie hier:

Riesengebirge, Krakau, Breslau, Zmigrod - 8 Tage
Termin: 17.10.-24.10.2021
1. Tag Anreise
Anreise ins Riesengebirge. Begrüßung im Hotel. Abendessen und Übernachtung im Riesengebirge...

...für weitere Information bitte hier klicken: Studienreise Südpolen 2021

...Sie möchten dabei sein? Klicken Sie bitte hier auf das Anmeldeformular.


Teil 2: September und Oktober (Die Anfänge)


September und Oktober (Die Anfänge)

Das ist das Leben - ein zum größten Teil von mir nicht ausgeführtes Experiment. - H. D. Thoreau Walden


Von Zuhause loszukommen viel mir sehr schwer. Schwerer noch als ich es erwartet hätte.
Seit dem ich mich nach einer kurzen Erfahrung des Probearbeitens endgültig dazu entschieden hatte ein FSJ auf dem Hof Naatsaku Talu in Estland zu machen, hatte ich stets Vorfreude im Kopf. Dann rückte der Ernst näher. Letzte Besorgungen standen an, ein Vorbereitungsseminar und eine Abschiedsparty. Wie schwer es mir doch viel mich zu verabschieden, wurde mir dann am Ende des Vorbereitungsseminars wieder bewusst. Die Abschiedszeremonie kam mir wie eine Folter vor, bei der ich mich allerdings glücklicherweise freiwillig zum Abbruch entscheiden konnte.
Auch Zuhause wurde mir zunehmend bewusst auf was ich mich für Risiken und Erfahrungen eingelassen hatte. Ich entschied mich gegen eine Abschiedsparty, die ich dann doch veranstaltete. Den Tag darauf ging es mir ähnlich wie vor der Nacht des Geburtstages. Gedanken zu letzten Malen (für eine lange Zeit) strichen mir durch den Kopf. Das letzte Familienessen, die letzte Folge der Serie, von mir und meiner Schwester. Nur dass es eben nicht das letzte Mal vor einem gewissen Lebensjahr war, sondern für einen Großteil des kommenden Lebensjahres.

In den 26 Stunden Fahrt merkte ich sofort den Wandel ins "östliche". Die sowjetisch geprägte Architektur und die für meine Verhältnisse billigen Tankstellenpreise, stachen mir dabei speziell ins Auge. Als es dann, von Polen aus, nach Norden ging wurde das Land flacher, Städte seltener und auch der Flair wandelte sich.

Angekommen gab es schon die erste Überraschung. Nachdem ich sehr bepackt und müde die Treppe hinauf ins Wohnzimmer unseres Wohnhauses, das sogenannte Zivi-Haus, oder auch die Butze, kam, fand ich nicht nur die bereits angekündigte Langzeitpraktikantin Nadja vor, sondern auch Hannah, eine ehemalige FSJ’lerin, von vor zwei Jahren, die gerade auf dem Hof Urlaub machte. Gerade sie half mir in der Anfangszeit sehr, bei der Einarbeitung, aber auch bei einigen Fragen, die mir bezüglich des kommenden Jahres im Kopf schwebten. Dies war sehr hilfreich, da ich so nicht immer und bei allem Markus fragen musste. An dieser Stelle sollte ich wohl einmal die Konstellation der auf dem Hof lebenden Menschen vorstellen. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Markus und Nora v. Schwanenflügel. Mittlerweile lebt auch ihr Sohn Martin mit auf dem Hof, der seine Frau Kersti in seiner freien Zeit während der Hofaufarbeitung hier in Estland kennenlernte. Zusammen bekamen sie zwei Kinder. Sie haben ein eigenes Haus, etwas abseits gelegen. Er arbeitet als Landwirt und hilft auch den
FSJ’ler*innen und Jugendlichen, vor allem bei den forstwirtschaftlich geprägten Arbeiten. Weitere Informationen zur Entstehungsgeschichte des Hofes, sowie der Aufarbeitung können auf der Website "Naatsaku Talu" aufgerufen werden.

Umso mehr ich mich in meinem neuen Zimmer einrichtete, umso mehr richtete ich mich, vor allem zu Anfang, auch in der neuen Lage ein. Sortierte mich in der Situation. Das dauerte ungefähr bis zum dritten Tag an. Am Abend meiner Ankunft viel ich nach einem ersten netten Gespräch mit Hanna und Nadja nur noch ins Bett, und auch am Sonntagmorgen legte ich mich nach den Tierdiensten erschöpft zurück in mein Bett, den Rest des Tages nutze ich um meinen Rucksack auszupacken und so konnte ich dann am 31.8. in die erste Arbeitswoche und mein neues Leben starten.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Dinge die mir gerade zu Anfang auffielen, waren die vielen Fliegen und der Mist, doch mit beidem konnte ich schnell lernen umzugehen. Nachdem mich einige wenige Male die Wut überkam und mich dazu verleitete mit der Fliegenklatsche herum zu wedeln, merkte ich wie ich vermeiden konnte, dass sich die Fliegen abends in meinem Zimmer tummelten, und tagsüber im Wohnzimmer und meinem privaten Zimmer trotzdem frische Luft zirkulierte. Auch daran dass "man" auf so einem Hof immer Kacke unter dem Schuh hat, gewöhnte ich mich.

Auf Naatsaku Talu ist jede*r Freiwillige und auch die zu Betreuenden für eine Art von Tieren verantwortlich. Dies bringt gerade für die Jugendlichen Struktur in den Tag, sie können aber eben auch durch die Arbeit viel lernen und merken dass sie nützlich sind.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Ich bin für die Ziegen, und Schafe verantwortlich. Auch gebe ich jeden Morgen den Enten Wasser, und mache bei den Hühnern das Licht aus und die Klappe zum Stall nachts zu, da all diese Ställe in einem Haus untergebracht sind, dessen Dach ein Heuschober ist. Die Ziegen muss ich jeden Morgen und Abend melken, dies war zu Anfang sehr schwer, denn die Muskeln welche "man" hierzu beanspruchen muss, musste ich erstmal trainieren. Hanna zeigte mir hierbei alle Tipps und Tricks und so gewöhnten sich auch die Ziegen immer mehr an mich. Zu Anfang traten sie noch mit den Hinterläufen aus, so dass sogar einmal der Milcheimer umgestoßen wurde, oder auch ein Ziegenbein in ihm landete, und hörten nicht besonders gut auf meine Stimme. Drei Ziegen müssen insgesamt gemolken werden; Lauli (die Leitziege), Lotte, die einen sehr schwierig zu melkenden Euter hat und zudem noch sehr lange Haare, so dass "man" ihn auch nur schlecht sieht, und Lona, die an unterster Rangordnung steht und die anderen sogar fürchtet. Außerdem hausen in dem Stall noch zwei Zicklein und vier Schafe. Nach dem Melken bekommen alle noch etwas Hafer und danach lasse ich sie auf die Weide. Abends hole ich alle wieder rein und melke noch einmal.

Lotte
(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Wenn "man" Tiere weiden lässt, muss "man" sich überlegen, ob entweder die Tiere auf einem umzäunten Areal, welches sie abgrasen dürfen, weiden, oder ob ihnen die ganze Weidefläche zur Verfügung steht und lediglich die Dinge umzäunt werden, die sie nicht anfressen dürfen. Für die Ziegen und Schafe gebe ich jeden Morgen, bevor ich sie auf die Weide lasse, ein Stück mehr Weide dazu, indem ich den Zaun umstecke. Dass ich die Weide jeden Tag erweitere, hat auch den Vorteil, dass die Ziegen und Schafe die Fläche, die sie bekommen, auch abgrasen. Würden sie eine ganze Wiese als Weidefläche zur Verfügung bekommen, würden sie einen großen Teil davon zertreten und dann nicht mehr essen. So nutzen wir mit dieser Variante die Weidefläche am effektivsten. Auf die Weide bringe ich sie indem ich die Leitziege an die Leine nehme und die anderen mit Ausrufen wie "Na komm" oder "Hop Hop Hop" locke bzw. antreibe.

Für den Rückweg muss ich sie meist noch nicht einmal an die Leine nehmen, da sie den Weg zurück zum Stall schnell kennenlernten. Dann laufe ich nur hinter ihnen her und treibe sie an. Wenn sie angekommen sind und nachdem ich sie ein zweites Mal gemolken habe, gebe ich ihnen noch Wasser und Heu für die Nacht. Wenn es doll oder lange regnet, muss ich die Tiere schon früher in den Stall bringen, da sie schnell Husten bekommen. Ein weiterer Grund ist das ausbrechen der Böcke, die getrennt von den Ziegen weiden. Wenn sie allerdings ihren Zaun überwinden, muss ich die Ziegen und Schafe schnell in ihren Stall bringen, bevor die Horde der Streuner angerannt kommt um sie zu decken.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

Die Ziegen und Schafe brechen nur sehr selten aus. Ich leite auf ihren Zaun meist nicht einmal Strom. Wenn es allerdings doch einmal passiert, dann muss ich erst alle Tiere wieder zusammen locken, so gegebenenfalls auch die Tiere, die noch umzäunt sind ausbrechen lassen. Das wichtigste ist dann die Leitziege zu erwischen, da Alles auf sie hört und sie so wieder gemeinsam ins "Gehege" zu bringen. All dies ist meist nur zu zweit oder mit Hafer möglich, auf den die Ziegen wie auf eine Art Droge reagieren. Wenn ich ihnen etwas von ihm gebe, können sie kaum still bleiben und in ihrem Kopf spielt sich nichts mehr ab, außer wie sie am schnellsten und am meisten von ihm bekommen. So kann "man" ihn natürlich auch nutzen, in Fällen wie diesem. Nach den morgendlichen Tierdiensten beginnt mein Arbeitstag erst wirklich.

Von der Struktur her sieht mein Arbeitstag, bzw. meine Arbeitswoche, wie folgt aus; jeden zweiten Tag, außer am Wochenende, muss ich um 6:10 Uhr aufstehen, um einen Brei aus Banane, Äpfeln und Haferflocken aufzusetzen. Hierbei wechsele ich mich mit Nadja ab und am Wochenende essen wir Müsli. Nach diesem ersten kleinen Frühstück um 7:00 Uhr und den darauffolgenden bereits beschriebenen Tierdiensten, gibt es um 10:30 Uhr dann das "richtige" Frühstück. In der Zwischenzeit wird gearbeitet, bzw. bis um zehn Uhr wenn "man" Essensdienst hat, doch zur Arbeit in der Küche und der insgesamt Ernährung ein andern mal mehr. Meist besteht diese morgendliche Arbeit aus mehreren kleineren Aufgaben die anstehen, oftmals einfachere Reparaturen oder das Vorbereiten von Ställen, oder Weiden, auf die kommende Zeit. Nach dem zweiten Frühstück wird dann bis zum Mittagessen, zu welchem es um 13:00 Uhr klingelt, gearbeitet. Danach gibt es eine kleine Mittagspause, bis um 14:30 Uhr, und dann beginnt die letzte Arbeitseinheit, die bis 17:30 Uhr andauert, wo wir uns alle zu Kaffee und Kuchen treffen. Damit ist der Arbeitstag als solcher beendet, nun stehen täglich nur noch der abendliche beschriebene Tierdienst, als auch der Essensdienst, wenn "man" dran war, an.

Durch den Essensdienst wird der Tag um einiges anstrengender. Gerade zu Anfang ließ sich der Aufwand den ich betreiben musste nicht unterschätzen. Mittlerweile habe ich schon eine einigermaßen stehende Routine. Die erste Aufgabe die mit dem Dienst einhergeht ist das Vorbereiten des zweiten Frühstücks. Hierzu muss "man" sich schon um zehn Uhr aufmachen, von der Arbeit in die Küche. Hier werden nun Spiegeleier in der Pfanne angebraten, das Brot auf dem Ofen getoastet und der Tisch gedeckt. Außerdem muss "man" einen Kessel aufsetzen, damit es heißes Wasser für Tee und Kaffee gibt. Insgesamt muss also alles ziemlich gut abgepasst und koordinieret werden, damit das zweite Frühstück rechtzeitig fertig ist, denn so ein Feuer braucht auch eine Weile, bis es Wasser heiß macht und Brot toastet.

Die nächste Aufgabe ist die Vorbereitung des Abendbrots. Hier gelten die gleichen Schritte der Vorbereitung, nur dass es nicht nochmal Ei gibt, sondern Zucchini, die ebenfalls in der Pfanne angebraten wird. Die kleinen Ringe kann "man" sich dann zusätzlich aufs Brot legen. Nach den Mahlzeiten muss dann noch abgeräumt werden, da helfen natürlich alle mit, nur die Person die Essensdienst hat, trägt eben die Verantwortung und lässt den letzten Blick noch einmal die Vergesslichkeit absuchen, und der Tisch muss abgewischt werden. Der für mich anstrengendste Part dieses Dienstes ist allerdings der Abwasch. Aufteilen kann "man" sich ihn, wie "man" es will. Ich probiere ihn stets vor dem Abendbrot erledigt zu haben, sodass ich danach mit dem Großteil fertig bin und meinen Abend frei gestalten kann. Natürlich geht dies nie ganz auf, da ja auf alle Fälle noch das Geschirr, welches zum Abendbrot dreckig wird, abgewaschen werden muss und außerdem noch Kleinigkeiten wie das Nachfüllen der Töpfe, oder das Entsorgen des Dreckwassers anstehen. Außerdem auch ein letztes Abwischen der Tische. Besonders der Abwasch stiehlt einem so also die Freizeit, denn das Vor- und Nachspülen, welches sehr gründlich gemacht werden muss, zu dem ja auch erstmal das Erhitzen von Wasser gehört, setzt ein genaues Zeitmanagement voraus. Gerade in der Anfangszeit war das etwas was ich noch nicht besaß und so stand ich bei viel dreckigem Geschirr meist bis nach 21:00 Uhr in der Küche.

Mit dem Dienst wechseln wir uns ab, Nora außen vorgelassen, da sie jeden Tag schon viel Arbeit in der Küche auf sich nimmt, z.B. das Käse machen, oder die Vorbereitung und den Abwasch vom ersten Frühstück, sowie das Bereiten der Süßspeise zu Kaffee und Kuchen. Auch macht sie meist das Mittagessen. In meiner Anfangszeit hatte sich Nadja Urlaub genommen und war auf Wanderschaft. So musste ich also jeden zweiten Tag den Essensdienst übernehmen. Dies war sehr hart für mich. Doch ich bekam immer mehr Übung, wobei ich nie bedacht hätte wie viel "man" üben kann, um gut und sinnvoll Abzuwaschen. So schaffe ich es mittlerweile eine bis eineinhalb Stunden eher mit allem fertig zu sein. Dies liegt aber auch daran, dass wir mit dem Hereinbrechen des Winters auch angefangen haben die Tierdienste schon vor dem Abendbrot zu erledigen, und daran, dass Nora Mitte Oktober nach Deutschland fuhr, um an der standesamtlichen Hochzeit ihres Sohnes teilzuhaben. So fielen Teile des Abwasches weg, die durchs Käse machen entstanden und natürlich auch dadurch, dass wir eine Person weniger waren.

Die Tage sind also sehr voll und die Wochen vergehen wie im Flug. Schon lange hatte ich nicht mehr so ein wertschätzendes Gefühl gegenüber meiner freien Zeit. Wenn ich mir Sonntags die Arbeitsklamotten ausziehe (da es sich nicht lohnen würde, jeden Tag sein T-Shirt zu wechseln, habe ich ein Arbeitsoutfit und Freizeitklamotten, die ich je nachdem was anliegt wechsele) und weiß, dass ich sie den ganzen Tag über nicht wieder anziehen muss, ist das ein Gefühl des Ausatmens, wie ich es schon lange nicht mehr verspürte. Insgesamt nutze ich meine freie Zeit hier auch sehr viel mehr aus, als ich es zuhause getan habe, da sie einfach so wertvoll ist. Jede Minute wird genossen und ausgefüllt. Doch zur Beschreibung meiner Freizeitgestaltung und der Arbeit im Detail im nächsten Bericht mehr.

(Foto: Jacob Bilal Hatem)

*Ich habe versucht, in diesem Text keine sexistischen Ausdrücke zu wählen und auf eine geschlechtergerechte Sprache aufmerksam zu machen, die keine stereotypischen Rollenbilder reproduziert.


Stadtzeitung Żmigród: Neues aus Bargteheide (2)


Christof Leidner hat aktuell wieder einen Artikel für die Stadtzeitung Żmigród geschrieben. Hier ist die deutsche Übersetzung.

Neues aus Bargteheide

Verehrte Damen und Herren, hier kommt der nächste Teil meiner Rubrik mit Schlaglichtern auf verschiedene größere und kleinere Ereignisse in Bargteheide, der deutschen Partnerstadt Żmigróds. Auf der Grundlage von Informationen aus der Lokalpresse und öffentlich zugänglichen Quellen möchte ich Ihnen laufend unser Leben, unsere Sorgen und Freuden hier in Bargteheide näherbringen. Und ich garantiere, dass ich das keinesfalls objektiv tun werde.

  • Unser Leben ist weiterhin unter dem starken Einfluss des Corona-Virus. In Deutschland heißt das Schlüsselwort zzt. Hygienekonzept [Deutsch im Original – C.L.]. Jeder, der sein Geschäft wieder aufnehmen möchte, muss so eine Hygienekonzeption vorlegen – vom Fitnessstudio bis zur Imbissbude. In der Regel sind das einfache Vorsichtsmaßnahmen, die ohnehin jedem sofort einleuchten, wie die Vermeidung von Menschenansammlungen, Abstand halten, Maske tragen und Handdesinfektion. Aber dadurch haben wir schon recht viel von unserem früheren Alltag wiedergewonnen, was für die Psyche wichtig ist. Wir können schon Sport treiben, ins Kino gehen und an Volkshochschulkursen teilnehmen. Die evangelische Kirchengemeinde organisiert sogar größere Kulturveranstaltungen, wie Konzerte und Poetry Slams unter freiem Himmel an der Kirche. Negative Folgen sind bislang ausgeblieben. Hoffen wir, dass das so bleibt, denn das Eis, auf dem wir tanzen, ist nicht nur glatt, es ist auch dünn.

  • Zu einer unkonventionellen Form des Protests gegen die Verwahrlosung der Straßen und deren erfolgloser Ausbesserung entschloss sich ein Bürger Bargteheides oder der näheren Umgebung. Bereits seit einiger Zeit kämpfte die Straßenmeisterei mit der Reparatur eines größeren Schlaglochs mitten auf einer Kreuzung. Und was tat der Schlingel? In einer nächtlichen Aktion pflanzte er in dieses Loch einen jungen Baum! Und zwar nicht irgendeinen, sondern einen in einer Baumschule gezogenen. Der Witz ist, dass es wahrscheinlich schwierig werden dürfte, den Grünguerilla zur Verantwortung zu ziehen. Das Loch war schließlich schon abgesichert und deshalb kam es zu keinerlei gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr.

  • Graffitis lösen in vielen Städten Kontroversen aus. Einige betrachten sie als Kunstform und Ausdrucksmittel der Jugendkultur, für andere sind sie einfach nur Sachbeschädigung. Auch in Bargteheide gehören sie zum Stadtbild. Das Jugendarbeitsteam hat sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und ein künstlerisches Projekt für junge Leute unter dem Titel "Graffiti Party Bagdad-City" geplant (Bagdad bedeutet im lokalen Jugendslang Bargteheide). Vier Wände von öffentlichen Gebäuden (u. a. einer Sporthalle und des Kinos) werden freigegeben, um sie mit Graffiti und Muralen zu verzieren. Wenn auch die Versuchung der verbotenen Früchte nun fehlt, kann das Ergebnis vielleicht interessant sein.

  • Vor einigen Jahren war Bargteheide noch eine kommunalpolitische Idylle, die den Neid der Nachbarorte erregte. Die meisten Entscheidungen wurden nämlich einvernehmlich getroffen und die Diskussionen in den Ausschüssen verliefen ruhig und fast langweilig. Seit den letzten Kommunalwahlen haben die in der Öffentlichkeit emotional ausgetragenen politischen Kontroversen zugenommen. Und selbst die Bürgermeisterin blieb nicht von Kritik verschont. Jüngst ging sie in die Offensive und nahm in einem umfangreichen Zeitungsinterview zu den Vorwürfen Punkt für Punkt Stellung. Sie rief die Politiker dazu auf, sich auf das Wohl Bargteheides und seiner Bürgerinnen und Bürger zu konzentrieren und zu einer Kultur des Miteinanders zurückzukehren. Zumindest kann man feststellen, dass Bargteheide nicht an zu viel Harmonie erstickt ist und unsere lokale Demokratie lebt!

  • Am 28. Juni wehte vor dem Rathaus in Bargteheide die Regenbogen-Fahne. Dies war keineswegs eine Verschwörung. Schon vor zwei Jahren hatten zwei junge Politik-Aktivisten einen entsprechenden Antrag an einen Ausschuss der Stadtvertretung gestellt, um für Toleranz und Minderheitenschutz zu werben und sie bekamen grünes Licht für ihren Vorschlag. Ich muss zugeben, dass ich selbst nicht jede Forderung der LGBT-Bewegung unterstütze und die Vereinnahmung des Symbols des Regenbogens, der früher ganz allgemein für Hoffnung und Zuversicht stand, etwas bedauere. Jedoch halte ich es mit dem Voltaire zugeschriebenen Wort: "Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei äußern dürfen." Und alle, die sich vor einer imaginären Ideologie fürchten, kann ich beruhigen: diese Fahne hängt nur an einem Tag im Jahr. Und an den übrigen 364 kann man sich mit den Problemen der anderen Bürgerinnen und Bürgern befassen, die diskriminiert werden; z. B. denen von Behinderten, denen immer noch ein eigenständiger Zugang zu Zügen oder öffentlichen Gebäuden verwehrt wird.

  • Seit einiger Zeit ist in Bargteheide ein Trend zum Verkauf lokaler Produkte in Automaten zu beobachten. Großer Beliebtheit erfreut sich ein Eierautomat, den einer der örtlichen Landwirte im Stadtzentrum aufgestellt hat (für die Kunden sind dort auch Grillfleisch und Honig ständig verfügbar). Es sind Eier aus Freilandhaltung, d. h. der gesündesten Produktionsweise. Die Hühner werden nämlich auf einem Feld in einem mobilen Hühnerstall gehalten und sind deshalb, wie der Produzent versichert, sehr glücklich. Auf die Idee mit dem Automaten sind auch die Besitzer einer Blumenhandlung gekommen, die jetzt ihre Sträuße rund um die Uhr anbieten können. "Jetzt gibt es keine Ausreden mehr" lautet ihr Werbespruch. Wir sehen, dass selbst Kleinbetriebe den Herausforderungen großer Supermärkte, Handelszentren und des Internets gewachsen sein können, wenn sie nur kreativ sind. Wer nicht mit der Zeit geht, verschwindet mit der Zeit.

Ausgewählt, bearbeitet und kommentiert von Christof Leidner